Kleiner Belagerungszustand
Unter dem Begriff Kleiner Belagerungszustand waren ordnungspolizeiliche Maßnahmen im Rahmen der von 1878 bis 1890 im Deutschen Kaiserreich geltenden Sozialistengesetze gegen die Sozialdemokratie zu verstehen.
Sie stützten sich auf § 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (offizielle Bezeichnung des Sozialistengesetzes). Danach konnten für Bezirke und Ortschaften, in welchen die Bestrebungen der Sozialdemokraten die Sicherheit gefährdeten, strafbewehrte Einschränkungen und Maßnahmen folgender Art getroffen werden:
- Versammlungen durften nur mit vorheriger polizeilicher Genehmigung abgehalten werden
- in der Öffentlichkeit war die Verbreitung von Druckschriften untersagt
- Personen, die im Verdacht standen, die öffentliche Sicherheit zu gefährden, war der Aufenthalt für bestimmte Bezirke und Ortschaften verboten (Ausweisung)
- Besitz, Verkauf und Einfuhr von Waffen war generell verboten.
Über jede getroffene Maßnahme war sofort gegenüber dem Reichstag Rechenschaft abzulegen. Sie war danach im Reichsanzeiger bekanntzumachen.