Kulturfilm




Als Kulturfilme wurden primär in der Zeit von 1918 bis 1945 populärwissenschaftliche Dokumentarfilme bezeichnet, die meist als Beiprogramm zum Hauptfilm in den Kinos gezeigt wurden. Es handelte sich dabei um Lehrfilme zu verschiedensten Sachgebieten wie Naturwissenschaften, Medizin, Kunst, Kultur, Geografie, Geschichte, aber auch um Aufklärungsfilme. In den 1920er Jahren wurde der Begriff zum Teil noch weiter gefasst und schloss auch Verfilmungen klassischer Stoffe ein. Daneben umfasste der Kulturfilm auch Propagandafilme und wurde Teil der nationalsozialistischen Filmpolitik.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte


  • 2 Im Nationalsozialismus


  • 3 Filmbeispiele


  • 4 Literatur


  • 5 Weblinks





Geschichte |


Vorangetrieben wurde die Entwicklung des Genres durch die Ufa, die am 1. Juli 1918 eine Kulturfilm-Abteilung einrichtete, nachdem das Deutsche Reich die Einrichtung einer Kulturabteilung neben der Spielfilmproduktion zur Auflage gemacht hatte. Einige der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler fanden hier Beschäftigung: z. B. George Grosz, John Heartfield, Viking Eggeling, Hans Richter, Walter Ruttmann, Nicholas Kaufmann, Martin Rikli, Svend Noldan, Wilfried Basse und Hans Cürlis, von denen einige später auch Karriere als Regisseure von nationalsozialistischen Propagandafilmen machten.


Die Mehrzahl der Kulturfilme war kurz bis mittellang, erst ab 1924 wurden vereinzelt auch Kulturfilme von abendfüllender Länge produziert.



Im Nationalsozialismus |


Im Nationalsozialismus wurde das Genre zwar zur Verbreitung der biologistischen NS-Ideologie, jedoch nur in Einzelfällen zu offener Propaganda genutzt. Da im Krieg die als Kino-Beiprogramm vorgeschriebenen Wochenschauen immer länger wurden, stieg ab September 1940 das Publikumsinteresse an Kulturfilmen mit nicht-politischen Themen. Aus SS-Berichten geht hervor, dass sonntägliche Kulturfilmmatineen bald die Funktion eines Ersatzkirchganges einnahmen.


Am 1. August 1940 wurde auf Anordnung des Reichsfilmintendanten und unter maßgeblicher Beteiligung der Ufa die Deutsche Kulturfilm-Zentrale eingerichtet. Die Zentrale, die direkt dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, unterstand, sollte eine stärkere Kontrolle der Produktion von Kulturfilmen, die bisher meist von kleineren Firmen durchgeführt wurde, ermöglichen. Ab dem 18. August 1943 wurden Kulturfilme nur noch von der Ufa produziert. Im August 1944 wurden die meisten Mitarbeiter der Ufa-Kulturfilmabteilung zum Fronteinsatz geschickt, die Kulturfilmproduktion mit verringertem Personal jedoch bis zum Kriegsende fortgeführt.



Filmbeispiele |



  • Die Wirkung der Hungerblockade auf die Volksgesundheit (1919, Propagandafilm)

  • Die Geschlechtskrankheiten und ihre Folgen (1919, Regie: Nicholas Kaufmann)

  • Negertänze (1919)

  • Deutsches Turnen in Afrika (1920)

  • Krüppelnot und Krüppelhilfe (1921, über die Pflege der Kriegsverwundeten)

  • Der Hirschkäfer (1921, Ulrich K.T. Schulz)

  • Schaffende Hände (1923–1933, Hans Cürlis, dokumentarische Künstlerporträts)

  • Wein, Weib, Gesang (1924, Willy Achsel)


  • Wege zu Kraft und Schönheit (1925, Wilhelm Prager, Nicholas Kaufmann; erster langer Kulturfilm)

  • Geheimnisse einer Seele (1925/26, Georg Wilhelm Pabst; erster deutscher Spielfilm zur Psychoanalyse)

  • Natur und Liebe. Vom Urtier zum Menschen (1927, Ulrich K.T. Schulz)

  • Bunte Tierwelt (1931, Ulrich K.T. Schulz; erster deutscher Farbfilm)

  • Heldentum - Volkstum - Heimatkunst (1931, Kulturfilm E. Puchstein, Drehbuch: Fritz Richter-Elsner)

  • Rhythmus und Tanz (1932, Wilhelm Prager)

  • Arbeitsdienst (1933, Hans Cürlis, nationalsozialistischer Propagandafilm)

  • Der Ameisenstaat (1934, Ulrich K.T. Schulz)

  • Metall des Himmels (1934, Walther Ruttmann)

  • Flieger, Funker, Kanoniere (1936, Martin Rikli)

  • Alpenkorps im Angriff (1939, Gösta Nordhaus)

  • Germanen gegen Pharaonen (1939, Anton Kutter)


  • Weltraumschiff I startet (1940, Anton Kutter)

  • Deutsche Arbeitsstätten (1940, Svend Noldan, nationalsozialistischer Propagandafilm)

  • Deutsche Panzer (1940, Walther Ruttmann)

  • Ausländer studieren in Deutschland (1944)



Literatur |



  • Ulrich Döge, Kulturfilm als Aufgabe. Hans Cürlis (1889–1982), Potsdam 2005 [= CineGraph Babelsberg, Reihe: Filmblatt-Schriften; Bd. 4].

  • Hilmar Hoffmann, „Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit“. Propaganda im NS-Film. Fischer, Frankfurt 1988, ISBN 3-596-24404-8 (Fischer Taschenbuch, 4404).

  • Ursula von Keitz und Kay Hoffmann (Hg.), Die Einübung des dokumentarischen Blicks. Fiction Film und Non Fiction Film zwischen Wahrheitsanspruch und expressiver Sachlichkeit 1895–1945, Marburg 2001 [= Schriften der Friedrich Wilhelm Murnau-Gesellschaft e.V.; Bd. 7].

  • Ramón Reichert (Hg.), Kulturfilm im "Dritten Reich". Synema, Wien 2006. ISBN 3-901644-14-8

  • Ute Seiderer, Künstlerporträts und Kreativitätsparadigmen im Kulturfilm der 1920er und 1930er Jahre. Das Beispiel Hans Cürlis: "Schaffende Hände" (1923–1933), in: Strategien der Filmanalyse - reloaded. Festschrift für Klaus Kanzog, hg. v. Michael Schaudig, München: diskurs film Verlag, 2010, S. 205–228.

  • Peter Zimmermann (Hg.), Geschichte des dokumentarischen Films 1895–1945, 3 Bände, Stuttgart 2005. ISBN 3-15-010584-6, ISBN 3-15-010585-4 und ISBN 3-15-010586-2



Weblinks |



 Wiktionary: Kulturfilm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen



  • Kulturfilm. In: Lexikon der Filmbegriffe


  • Hilmar Hoffmann, „Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit“ (kompletter Text des Buches)




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