Mapudungun































Mapudungun

Gesprochen in



Chile, Argentinien
Sprecher
etwa 260.000
Linguistische
Klassifikation


  • Araukanische Sprachen
    Mapudungun


Sprachcodes

ISO 639-1




ISO 639-2

arn



ISO 639-3

arn



Mapudungun (mapu „Land“ + sdugun „Sprache“) ist eine indigene Sprache, die in Chile und Argentinien von den Mapuche gesprochen wird; sie ist im Deutschen bis heute auch unter der Fremdbezeichnung Araukanisch bekannt. Das Mapudungun ist eine der größeren isolierten Sprachen.


Die Volksgruppe der Mapuche besteht aus 600.000 Menschen, von denen etwa 260.000 zeitweise Mapudungun sprechen,[1] ungefähr 250.000 in Chile und 10.000 in Argentinien. Nach neueren Umfragen[2] sprechen aber nur rund 85.000 Mapuche diese Sprache auch mit ihren Kindern, weshalb Mapudungun zu den gefährdeten Sprachen gezählt wird.[3]




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte, Sprachstudien, Korpora


  • 2 Sprachliche Auswirkung


  • 3 Lautsystem


    • 3.1 Vokale und Halbvokale


    • 3.2 Konsonanten


    • 3.3 Silben




  • 4 Grammatische Spracheigenheiten


    • 4.1 Agglutinierende Nachsilben


    • 4.2 Satzteile mit Nachsilben


    • 4.3 Markierte Zukunftsform


    • 4.4 Dualzahl


    • 4.5 Häufige Verbalphrasen


    • 4.6 Verbaldeterminierte Wortstellung


    • 4.7 Bewertende Suprafixe




  • 5 Sprachprobe (Brautraub)


  • 6 Sprachprobe (Vaterunser)


  • 7 Eine Meinung zum Mapudungun


  • 8 Einzelnachweise


  • 9 Weblinks





Geschichte, Sprachstudien, Korpora |




Kerngebiet der Mapuche; Bevölkerung 2002 nach Gemeinden.[4] Kreisflächen sind auf 40 Einwohner/km² abgestimmt:
Orange = Mapuche-Landbevölkerung,
dunkel = Mapuche-Stadtbevölkerung,
weiß = Nicht-Mapuche.




Datei:WIKITONGUES- Victor speaking Mapudungun.webmMediendatei abspielen

Mapudungun als gesprochene Sprache (Wikitongues Projekt)


Als die Spanier ins heutige Chile vordrangen, trafen sie auf drei Araukaner-Gruppen, von denen sie eine, die Pikumche (<piku „Norden“ + ce „Mensch“) schnell unterwarfen. Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts hatte jedoch auch die südliche Williche-Gruppe (<wilhi „Süden“) ihre politische Unabhängigkeit verloren und nur noch die zentrale Gruppe der Mapuche (<mapu „Land“) konnte ihre Unabhängigkeit bis 1881 bewahren. Offiziell ist Mapudungun in keinem Land Staatssprache.


Die erste Grammatik des Mapudungun (damals noch „Chilenisch“ genannt) wurde vom Jesuiten Pater Luis de Valdivia im Jahre 1606 veröffentlicht; einflussreicher waren freilich die Arbeiten der ebenfalls Jesuiten Andrés Febrés[5] (Arte de la Lengua General del Reyno de Chile, 1765, Lima) und Bernhard Havestadt (Chilidúgú sive Res Chilenses, 1776, Westfalia).


Auf breiter Basis wurde die Sprache erstmals vom Ethnologen Rudolf Lenz und vom augsburger Kapuziner Felix de Augusta (beide um 1900) beschrieben; Augustas Wörterbuch[6] ist bis heute (2015) das umfangreichste Werk dieser Art. Fast zeitgleich dazu veröffentlichte Moessbach auch den ersten umfassenden indigenen Bericht in den Erzählungen von Pascual Coña.[7]


Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts erfuhr die Sprachforschung des Mapudungun eine neue Blüte durch zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze, aber auch umfangreichere Arbeiten von Adalberto Salas,[8] Brian Harmelink,[9] Ineke Smeets[10] und Fernando Zúñiga.[11] 1997 veröffentlichte ein Team der Wycliff-Bibelübersetzer in Zusammenarbeit mit SIL International erstmals das gesamte Neue Testament[12] auf Mapudungun.


Erwähnenswerte Darstellungen aus der Sicht der Mapuche sind volkstümliche Beschreibungen wie die von Segundo Llamin (Federico ñi Nütram, Lelfüntripa pichike che tañi chumgen[13]) und systematisch erscheinende Dichtungen wie beispielsweise von Elicura Chihuailaf[14] oder Beatriz Pichi Malen.[15]


Das Mapudungun tritt in einigen Sprachvarianten auf, die eigentlich Gebietsbezeichnungen und allesamt untereinander verständlich sind;[16] Unterschiede zeigen sich hauptsächlich in der Stimmhaftigkeit der Frikative, dem Auftreten von Interdentallauten, und Einzelheiten der Zeitwortkonjugation. In Mittelchile (Gulu Mapu) und angrenzendem Argentinien (Puel Mapu) sind das die Sprachformen



  • Pikumche (Pikumce, im Malleco-Gebiet um die Stadt Lebu bis nach Angol, nicht zu verwechseln mit dem historisch erwähnten „picunche“)

  • Pewenche (Pewence, vom Quellgebiet des Bio-Bio-Flusses bis zum argentinischen Neuquén)

  • Lafkenche (Ldafkendce, im Küstengebiet von Carahue, Puerto Saavedra, und südlich davon)

  • Moluche (Moluce, die vorherrschende Sprachform, ab Temuco und Panguipulli über den argentinischen Limayfluss bis zum See Nahuel Huapi)


Im argentinischen Patagonien spricht man neben den beiden letzteren noch


  • Rankenche (in Chalileo, General Acha und der Ortschaft Río Colorado).

Das im Schwinden begriffene Williche (auch Wiriche, Veliche, Chedungun), in der Küstenregion von Osorno (Chile) und in der Region des Nahuel-Huapi-Sees (Argentinien), ist mit den obigen Dialekten nicht mehr wechselseitig verständlich und wird im Gegensatz zu diesen oft als eigenständige Sprache aufgefasst.




Sprachliche Auswirkung |




Der chilenische Boldostrauch (<foldo) wächst auch verwildert am Mittelmeer.




Yepun (<jepund, „Nacht-Träger“, das heißt „Abendstern“) ist Name des VLT-Einzelteleskops 4 der Paranal-Sternwarte in Chile.


Das Wort „Poncho“ wurde vielleicht[17] aus dem Mapudungischen (von pontro,[6][11] „Decke“) über das Spanische in viele andere Sprachen, wie auch das Deutsche, übernommen. Interessanterweise ist die mapudungische Bezeichnung für das Poncho-Kleidungsstück aber eine andere, nämlich makunh.[6]


Zahlreiche Tier- und Pflanzennamen für die einheimische Fauna und Flora wurden aus dem Mapudungun ins chilenische Spanisch und manchmal auch international übernommen. Die Namen der folgenden Liste sind, falls nicht ausdrücklich gekennzeichnet, sowohl bei Augusta[6] als auch bei Zúñiga[11] vermerkt:



  • Säugetiere: Coypu (<koipu, Biberratte), Degu (<sdewy, Strauchratte), Huemul (<wemul,[11]wymul, Andenhirsch), sp.huillín (<wilhinh, Flussotter), sp.Nahuel (<nawel, Jaguar), Pudu (<pysdu, Zwerghirsch).

  • Vögel: sp.choroy (<coroi, Langschnabelsittich), sp.fío-fío (<wiju, Tyrannenart elaenia albiceps), sp.loica (<ldoika, Lerchenstärling), sp.pidén (<pisdenh, Ralle), sp.tiuque (<triuky,[11]ciuky,[6]Chimangokarakara), sp.traro (<traru, Schopfkarakara), sp.tagua (<trawatrawa, Blässhuhn), sp.treile (<treqyl, Kiebitz), sp.huala (<wala, Lappentaucherart podiceps major).

  • Bäume und Pflanzen: Boldo (<foldo), sp.chilco (<cilhko, Scharlachfuchsie), sp.coihue (<koiwe, Südbuche), Copihue (<kolkopiu, Wachsglocke), sp.digüeñe (<sdiwenh, Schlauchpilz), sp.lingue (<lige, Loorbeerart persea lingue), sp.luma (<luma, Myrtenart amomyrtus luma), sp.michay (<mycai Berberitze), sp.nalca (<galdka, Mammutblatt), sp.notro (<notru, notry,[11] Feuerstrauch), sp.pehuén (<pewen, Araukarie), sp.quila (<kylda, Bambusart chusquea quila), Quillaja (<kylhai), Temu (<temu, Myrtenart), sp.ulmo (<gulgu, ylgu[11]Scheinulme).

  • Sonstige: sp.loco (<loko, Stachelschnecke), sp.piure (<piwyr,[11]piwy,[6]Manteltierstamm pyura).


Geografische Bezeichnungen aus dem mapudungischen Siedlungsraum haben in der Regel ihre ursprünglichen Namen behalten, darunter:



  • Seen und Flüsse: Bio-Bio-Fluss (<wiju, „Tyrannenvögel“), Llanquihuesee (<lhankywe, „versunkene Gegend“), Nahuel-Huapi-See (<nawel wapi, „Jaguarlichtung“), Lanalhuesee (<ldan?alhwe, „verstorbene Seelen“), Colicosee (<koly ko, „rotes Gewässer“), Caburguasee (<kafyrwe, „Ausgrabung“), Calafquén-See (<ka ldafkend, „anderes Meer“), Panguipullisee (<pagi pylhi, „Pumagründe“), Riñihuesee (<rygiwe, „Ort der Bambusgräser“), Tolténfluss (<troltro, „Distel“), Rancosee (Bedeutung unklar), Puyehuesee (<pujewe, „Ort der Galaxienfische“), Rupancosee (<rupan ko, „fließendes Gewässer“), Petrohuefluss (<pytrowe, „Ort der Sandmücken“).

  • Berge: Nahuelbutagebirge (<nawel fytra, „Jaguarhöhen“), Vulkan Llaima (Bedeutung unklar), Vulkan Calbuco (kalhfy ko, „blaues Gewässer“).

  • Orte und Ortsteile: Temuco (<temu ko, „Myrtengewässer“), Vitacura (<fytra kura, „Felsen“), Curicó, (<kury ko, „schwarzes Gewässer“), Talca (<tralka, „Donner“), Talcahuano (<tralka wenu, „Gewitterhimmel“), Lebu (<ldeufy, „Fluss“), Carahue (<karawe, „bewohnte Gegend“), Pitrufquén (>trufken, „Asche“), Cutral-Có (<kytral ko, „Feuergewässer“), Plaza Huincul (>wigkul, „Berg“) und viele andere.




Lautsystem |


Mapudungun wird in lateinischer Schrift geschrieben; derzeit (2015) gibt es aber keine genormte Rechtschreibung und bisher erfolgte Vorschläge zur Schreibweise sind linguistisch und politisch umstritten,[11] so wird zum Beispiel für den Namen der Sprache auch Mapuzugun oder Mapusdugun vorgeschlagen. Im folgenden vereinfachten Lautschema werden die IPA-Lautzeichen und (in Klammern) die in diesem Artikel verwendeten Buchstabengruppen für die verschiedenen Phoneme angeführt; für die Aussprache siehe die Verknüpfungen der einzelnen Zeichen:



Vokale und Halbvokale |




























vorne ungerundet
ungerundet
hinten gerundet
offene Vokale

.mw-parser-output .IPA a{text-decoration:none}
​e​   (e)


​a​   (a)


​o​   (o)
obere Vokale


​i​   (i)


​ɘ​
  (y)


​u​   (u)
 Silbenanlaut/Auslaut 


​j​
  (j),  / 
  (i)

.   (q),  / 
​ɰ​
  (q)


​w​
  (w),  / 
​u̯​
  (u)

Die Halbvokale ​j​ und ​w​ kommen nur am Silbenanfang vor, und die nichtsilbischen Approximanten , ​ɰ​, nur am Silbenende. Ein allgegenwärtiges unbetontes [
​ə​]
ist für die meisten Autoren vorhersagbar und wird hier schriftlich wie ɘ behandelt.



Konsonanten |












































 Lippen 
 Zähne 
 Alveolar,   Retroflex 
 Gaumen 
 Segel 
Laterallaute



  (ld)


​ɭ​
  (l)


​ʎ​
  (lh)

Nasallaute


​m​   (m)


  (nd)


​ɳ​
  (n)


​ɲ​
  (nh)


​ŋ​
  (g)
Reibelaute


​f​   (f)


​θ​
  (sd)


​ʂ​
  (s),   
​ɻ​
(r)


​ʃ​
  (sh)

 Verschlusslaute 


​p​   (p)


  (td)


​t​
  (t),   
​ʈ͡ʂ​
(tr)


​t͡ʃ​
  (c)


​k​   (k)

Verschlusslaute und Affrikate kommen nur im Silbenanfang vor. Die im Pikumche- und Pewenche-Dialekt auftretende Stimmhaftigkeit der Reibelaute ist nicht bedeutungsrelevant. Die Kombinationen ʈ͡ʂ, ʈ͡ʃ werden als einheitliche Laute empfunden. Einige Laute haben keine übliche IPA-Zeichen, so die gelispelten Nasen- und Seitenlaute l̟, n̟, t̟ (mit der Zungenspitze zwischen den Schneidezähnen, auch l̪, n̪, t̪ geschrieben), die in den Sprachen der Welt nur selten vertreten sind. Ein zuweilen zusätzlich auftretender Laut [
​ʈ​]
ist vermutlich nur eine freie Variante für ʈ͡ʂ.



Silben |


Silben haben die Form   (möglicher) Anlaut - Kern - (möglicher) Auslaut,   und zwar wie folgt:



  • der Anlaut ist -soweit zugegen- einer der Halbvokale j,w, oder ein beliebiger Konsonant;

  • der Kern ist ein beliebiger Vokal als Silbenträger; und

  • der Auslaut ist -soweit zugegen- einer der Halbvokale i̯,ɰ,u̯ oder ein Reibe-, Nasal- oder Lateralkonsonant.


Die Betonung einer Silbe innerhalb eines Wortes ist nicht bedeutungsrelevant.


Die Vokale e, a, o sind immer Silbenkerne. In den Fällen, in denen einer der Vokale i, ɘ, u nach einem Silbenkern oder Mitlaut kein Auslaut ist, sondern eine neue Silbe beginnen soll, wird mit expliziter Schreibung von ji,qy,wu der Sprache keine Gewalt angetan, da diese Anlaute auch dann implizit realisiert werden, wenn sie nicht geschrieben werden.[11] In den seltenen Fällen, wo mit e, a, o nach einem Mitlaut eine neue Silbe beginnen soll, wird hier qe, qa, qo mit stummen q geschrieben.



Grammatische Spracheigenheiten |


Es folgen einige sprachliche Eigenschaften[11] des Mapudungischen,
die vom Deutschen her gesehen besonders fremd anmuten können.



Agglutinierende Nachsilben |


Das Mapudungische ist eine vorrangig anhand von Nachsilben agglutinierende Sprache. Aufeinanderfolgende Suffixe treten zahlreich bei Verben und Phrasen mit Verbalkern auf und eher spärlich bei Adverbien und Adjektiven; Substantive sind unveränderlich.


Beispiel:



  • /trari-pa-rke-la-ja-i ti manshun, oder /trari-manshun-pa-rke-la-ja-i, „Angeblich wird er die Ochsen nicht hier anschirren“ [10]

In den unten vorgestellten Sprachproben hat ein finites Hauptsatzverb zwischen 2 und 5 Nachsilben (im Schnitt 3.08 Nachsilben), und ein nicht finites Nebensatzverb zwischen 1 und 4 Nachsilben (im Schnitt 2,13 Nachsilben).



Satzteile mit Nachsilben |


In manchen Satzformen können Nachsilben nicht einzelnen Wortwurzeln, sondern nur gesamten Satzteilen zugeordnet werden,[18] wie etwa im Englischen the evil queen’s mirror, womit [the evil queen]'s mirror gemeint ist.


Beispiele sind:




  • Asdkintu-we-gilhan-manshun-kijawi,[18][11] „Er hüte-te neu gekaufte Ochsen“, wörtlich: „Er hüte-neu-gekaufte-Ochsen-te“.


  • Mylei nhi pyra-kawelh-yn,[7][11] „Ich muss aufs Pferd“, wörtlich: „Es bedarf meines Aufsteig-Pferd-ens“.


  • Kim-wigka-sdugu-ken, „Ich sprech-e die fremde Sprache“, wörtlich: „Ich sprech-fremde-Sprache-e“.


Dieser polysynthetische, oft inkorporierende Zug der Sprache führt manchmal zu Schwierigkeiten, wenn in der Rechtschreibung die Wortlücken festgelegt werden sollen.



Markierte Zukunftsform |


Im Gegensatz zum Deutschen, wo bei Verben zwischen Vergangenheit und Nicht-Vergangenheit unterschieden wird,



  • er arbeitete gestern, statt: er arbeitet heute, er arbeitet morgen,

unterscheidet das Mapudungun zwischen Nicht-Zukunft und Zukunft:



  • wija (gestern) kysdawi, facandty (heute) kysdawi, aber: wyle (morgen) kysdawai.

Diese Art zu unterscheiden ermöglicht es, die Zukunftsform auch als eindringliche Befehlsform zu benutzen.



Dualzahl |


Bei Fürwörtern und Verben bezieht sich eine Mehrzahlendung stets auf drei oder mehr Personen, da für einen Hinweis auf zwei Personen eigene Endungen verwendet werden:




  • inhciu, „wir beide“ statt inhcinh, „wir (drei oder mehr)“


  • kypaju, „Kommt ihr zwei!“ statt kypamyn, „Kommt ihr alle!“


Diese Dualformen werden auch dann verwendet, wenn die beiden Bezugspersonen keine natürliche Einheit bilden.



Häufige Verbalphrasen |


Das Mapudungun verfügt über eine Vielfalt nicht-finiter Verbalformen. Wo das Deutsche auf Zusammensetzungen, Eigenschaftswörter, oder Nebensätze zurückgreift, wird im Mapudungischen oft eine nicht-finite Verbalphrase eingesetzt, zum Beispiel:




  • [Sdoi pura mari tripantu nielu] trokiuwyn, "Für [einen über achtzig Jahre Habenden] halte ich mich" [7]


  • Fei tyfaci [fentren nhi mogemum] kimjepafinh [nhi cumkefel kuifike ce jem], "In diesem [lange ich lebte] lernte ich [was-machten die verstorbenen Ahnen] kennen" [7]



Verbaldeterminierte Wortstellung |


Die Wortstellung von Subjekt und Satzobjekten ist relativ frei; sie wird aber nicht über Präpositionen oder Deklination angegeben, sondern mit Hilfe von Verbalsuffixen. So bedeutet:




  • Ti sdomo [[musdai elu-fi] ti wentru], wörtlich: „Die Frau [[Maisschnaps gab] dem Mann].“


  • Ti sdomo [[musdai elu-ejeu] ti wentru], wörtlich: „Die Frau [[Maisschnaps erhielt] vom Mann].“


Um die obigen Satzstellungen im Deutschen nachzuahmen müssen zwei verschiedene Verben (geben und erhalten) verwendet werden; das Mapudungun benutzt nur ein Verb (elu-) mit verschiedenen Nachsilben. Die eckigen Klammern oben zeigen an, welche Satzteile im Mapudungischen die Kernaussage bilden. Bei drei Satzobjekten muss das „Akkusativobjekt“ (musdai bzw. Maisschnaps) ausdrücklich erwähnt werden und liegt unmittelbar vor dem Verb, unmittelbar nach dem Verb, oder manchmal sogar zwischen dem Verb und dessen Nachsilben.



Bewertende Suprafixe |


Begriffsbewertungen des Sprechers haben eine systematische und produktive morphemische Ausprägung über Suprafixe. So sind die Mitlaute r, s, n, l immer neutral, interdentale Mitlaute sd, nd, ld
sind je nach Wort entweder neutral oder abwertend, palatale Laute sh, nh, lh sind neutral oder aufwertend. Wörter mit neutralen Lauten können auf- oder abgewertet werden, indem der neutrale Laut durch den entsprechenden aufwertenden oder abwertenden Laut ersetzt wird, wie bei:




  • narki (Neutralform „Katze“), nasdki (etwa „Kratzviech“), nashki (etwa „Muschikatz“)

  • aber: sdomo (Neutralform „Frau“, NICHT abwertend), shomo (etwa „Schatz“)


Im Pewenche-Dialekt sind derart Unterscheidungen jedoch nicht oder nicht mehr vorhanden.



Sprachprobe (Brautraub) |



Die folgende Sprachprobe wurde dem bisher bedeutsamsten mapudungischen Korpus entnommen, den Erzählungen Pascual Coñas,[7] einem Sprecher des Lafkenche-Dialekts aus der Gegend um den Budisee um 1850. Seine Beschreibungen, benannt „Wie die Ahnen lebten“ (Kuifike ce jem cumgeci nhi asdmogefel egyn) wurden um 1926 von Ernst Wilhelm von Moessbach, einem Missionar des Kapuzinerordens, aufgeschrieben und veröffentlicht; hier ein Auszug aus Kapitel 13, Gapitun.
















/kuifi
kakeumekefui
nhi niewyn
pu mapuce:
früher
vielerlei-war
ihr sich-haben
[Mz] Mapuche
Früher heirateten die Mapuche auf vielerlei Art:
















/kinheke meu
gilhan-entu-kefui
ylhca,
einige bezüglich
kauf-hol-ten
Jungfrau
Einige
holten sich eine Jungfrau durch Bezahlung,














kagen meu
lef-je-kefui,
andere bezüglich
flieh-trug-en
andere
nahmen sie und flohen,


















kagen meu
myntukefui
fytda gelu
sdomo,
andere bezüglich
gewaltraubten
mit-Mann seiend
Frau
andere
raubten verheiratete Frauen im Krieg,
















kagen meu
gapitukefui
nhi fytapyra egyn.
andere bezüglich
ritualraubten
ihre Herangewachsenen [Mz]
andere
holten sich ihre Mädchen im Ritualraub.




















/feici
kure geken
newen meu
sdoi
mylekefui.
dieses
Ehefrau mit-sein
Kraft bezüglich
mehr
befand-sich
Diese Raubheiraten
waren die häufigsten.



















/feula
nytramjeafin
gapinh
sdygu.
nun
sprechen-werde-ich-von
Raubbraut
Sache
Im folgenden
beschreibe ich
den Ritualraub einer Braut.


Sprachprobe (Vaterunser) |



Folgende Sprachprobe ist von neuerem Datum und weiter gestreuten Sprechern, aus der Übersetzung des Neuen Testaments, Gynecen nhi Kyme Sdugu.[12] In dieser Übersetzung lassen sich kleinere Dialektunterschiede zum Text von Pascual Coña feststellen; so wird beispielsweise sdygu zu sdugu und fyca zu fytra; auffällig ist ebenfalls die Häufigkeit der Fokuspartikel ta, was aber vermutlich der Textgattung zuzuschreiben ist. Leider gibt die Schreibweise der Übersetzung die Aussprache nicht voll wieder, da Interdentallaute nicht gekennzeichnet sind und hier basierend auf Augustas Angaben der Ldafkenche-Variante eingefügt wurden.





















/tajinh
cau,
wenu
mapu
mylelu,
unser
Vater
Himmel
Land
befindend,
Unser Vater
im Himmelreich,




















jamniegepe
tami
yi.

gefürchtet-werde
dein
Name.

geheiligt werde
dein Name.






















/felepe
mai
tami
logko
yldmen
gen.
es-sei
gewiss
dein
Haupt
Adliger
-sein
Werde wahrlich
du oberster Herrscher.




















/elumuajinh
tajinh
sduamtuelci
kofke
geben-wirst-uns-du
unser
benötigtes
Brot
Gib uns
unser
benötigtes
Brot




















kake
andty
gealu.

jeder
Tag
künftig-seiend

an jedem
kommenden Tag.




















/winho-sduam-mamujinh
tajinh
femkeelci
wesdake
sdugu
zurück-Absicht-uns-nimm
unsere
getätigte
üble
Sachen
Vergib uns
unsere üblen Taten,















/cumgeci
ta
inhcinh
winho-sduam-matukefiinh
wie
[ta]
wir
zurück-Absicht-denen-nehmen
so wie wir vergeben



















tajinh
wesda
femkeeteu.

unsere
üblen
Täter

unseren Übeltätern.













/kintu-
-kasduam-
-geljinh,
gesucht-
-andere-Gedanken
-werdend-wenn-wir
Wenn wir von fremden Gedanken aufgesucht werden,
























elumukiljinh
tajinh
femael
wesdake
sdugu.

gib-nicht-uns
unser
Tätigen
schlechte
Dinge

vermeide
dass wir Böses tun.



Eine Meinung zum Mapudungun |


Der Jesuit und Sprachforscher Bernhard Havestadt schrieb 1777 (Original[19] auf Latein):





„Wie die Anden andere Berge überragen,
so überragt es [das Mapudungun] andere Sprachen.
Wer die chilenische Sprache kennt,
sieht andere Sprachen wie von einem Wachtturm aus weit unten.
Er erkennt klar und deutlich,
wieviel an ihnen überflüssig ist, wieviel ihnen mangelt, und so fort,
und er kann jedem der kein Chilene ist zu Recht sagen:
Wenn deine Sprache gut ist, ist das Chilenische ihr überlegen“






Einzelnachweise |





  1. M. Crevels: South America. In: Christopher Moseley (Hrsg.): Encyclopedia of the world’s endangered languages. Routledge, 2007, S. 103–196. (siehe auch Online Ethnologue)




  2. Fernando Zúñiga: Mapudunguwelaymi am? Acerca del estado actual de la lengua mapuche. In: Centro de Estudios Públicos. 105, Santiago de Chile 2007. cepchile.cl (PDF).




  3. Summer Institute of Linguistics: Online Ethnologue, Mapudungun




  4. Instituto Nacional de Estadísticas de Chile: Censo 2002; Estadisticas Sociales de los Pueblos Indígenas en Chile. Gesellschaftsstatistiken der Indigenen Völker in Chile, 2002. ine.cl (PDF).



  5. Andrés Febrés


  6. abcdef
    Félix José de Augusta: Diccionario Araucano. (Wörterbuch Mapudungun-Spanisch & Spanisch-Mapudungun). 1916. (Neuauflage: Cerro Manquehue, Santiago 1996, ISBN 956-7210-17-9) (download)



  7. abcde
    Pascual Coña: Kuifike che yem chumgechi ñi admogefel egn. (Mapudungun mit spanischer Übertragung von Wilhelm Moessbach, Neuauflage 1974), Santiago: Pehuén, Santiago 1926, Auszug (Memento vom 4. Februar 2002 im Internet Archive)




  8. Adalberto Salas: El mapuche o araucano: Fonología, gramática y antología de cuentos. Centro de Estudios Públicos, Santiago, 1992, ISBN 956-7015-41-4.




  9. ab
    Ineke Smeets: A Grammar of Mapuche. Mouton de Gruyter, Berlin/ New York 2008, ISBN 978-3-11-019558-3.



  10. abcdefghijklm
    Fernando Zúñiga: Mapudungun: El habla mapuche. Centro de Estudios Públicos, Santiago 2006, ISBN 956-7015-40-6. Phonemik (PDF), Grammatik (PDF), Syntax (PDF).



  11. ab
    Wycliff Bible Translators: Ngünechen ñi Küme Dungu. 1997. (Neues Testament auf Mapudungun, 2. Auflage. 2011) Sociedad Bíblica Chilena




  12. Segundo Llamin: Lelfüntripa pichike che tañi chumgen. (Mapudungun mit spanischer Übertragung des Autors), Editorial Küme Dungu, Temuco 1990, Doku (Memento vom 11. August 2002 im Internet Archive)




  13. Elicura Chihuailaf: De Sueños Azules y contrasueños. 1995. VI. Festival Lateinamerikanischer Poesie in Wien




  14. Beatriz Pichi Malen, Website




  15. Robert Croese: Estudio dialectológico del mapuche. In: Estudios Filológicos. Universidad Austral de Chile, Valdivia, 15, 1986, S. 7–38.




  16. „El Poncho“. Grupo Folclórico Sol Argentino, Webseite mit Angaben zur Wortherkunft; abgerufen September 2016





  17. Bernhard Havestadt: Chilidugu sive Tractatus Linguae Chilensis, Faksimile der Erstauflage 1777, Editionem novam immutatam curavit Dr. Julius Platzmann, B.C.Teubner, Leipzig, 1883.




Weblinks |




  • Mapudungun. In: Ethnologue, Languages of the World. 16. Auflage. 2009

  • WALS, Weltweiter Sprachvergleich

  • OLAC, Sammlung von Sprachressourcen

  • Joel Maripil: Kinderlied auf Youtube

  • Felix de Augusta: Wörterbuch Mapudungun-Spanisch und Spanisch Mapudungun

  • M. Catrileo: Glossar Mapudungun-Spanisch (Memento vom 11. Oktober 1999 im Internet Archive)




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